Malawi.
12 Impfungen, diverse Umbuchungen, drei Flüge, 24 Stunden und viele tausende Kilometer später waren wir da. In Malawi.Malawi wird als „warmes Herz Afrikas“ bezeichnet, weil die Menschen eine umwerfende Freundlichkeit ausstrahlen. Und wenn ich etwas bestätigen kann, dann das. Wir sind überall so unglaublich herzlich und freundlichen empfangen worden, wo wir auch hingekommen sind, mit offenen Armen und einer wunderschönen Warmherzigkeit. Und dafür bin ich sehr dankbar. Aber lasst mich alles von Anfang an erzählen…
Als ich die Reise nach Malawi antrat, wusste ich ungefähr folgendes: Die Hauptstadt Malawis heißt Lilongwe und auf rund 120 km² gibt es insgesamt circa 16 Millionen Menschen – und viel zu wenige Schulen! Das waren so ungefähr die Infos, die ich zu Malawi hatte, einem kleinen Land im Südosten Afrikas.
Nachdem wir nach rund 24 Stunden Reisezeit an unserem Zielort und in unserer Unterkunft angekommen waren, haben wir endlich die zwei Frauen kennen gelernt, ohne die das ganze Projekt nicht funktionieren würde: Florence Musasa, Direktorin des gemeinnützigen malawischen Vereins Tsogola La Ana (TAO) in Blantyre und Lucy Maunde, Direktorin von TAO in Malawi. Die beiden würden uns am nächsten Tag das Grundstück zeigen, welches sie ausgesucht haben für den Bau der Grundschule. Denn sie als Supervisor spielen eine wichtige Rolle, nicht nur für den Bau der Schule. Sie erklären den Konstrukteuren, was sie zu tun haben und behalten die Übersicht. Aber auch schon vorher, bei der Auswahl des Grundstücks sind sie es, die darauf achten, dass die Schule zum Beispiel nicht zu nah an einer anderen gebaut wird, denn es sollen Schulen über das Land verteilt entstehen. Mario und Bibi von der Bücherbörse Köln hatten für uns den Kontakt zu dem gemeinnützigen Verein TAO in Blantyre hergestellt, um die Spenden vor Ort gezielt einzusetzen und die Betreuung des Schulbaus wie auch der Kinder während der Schulzeit sicherzustellen.
Als wir uns dann am nächsten Tag auf den zweistündigen Weg zu dem Grundstück machten, auf dem die Grundschule gebaut werden wird, erzählte uns Florence eine Menge über Land und Leute. Während der Autofahrt hatten wir eigentlich damit gerechnet, gleich uns das leere Grundstück alleine kurz anzusehen. Als wir ankamen, waren wir daher vollkommen überwältigt: Zahlreiche Menschen, überwiegend Eltern, deren Kinder hier bald zur Schule gehen sollen, waren gekommen, um uns zu begrüßen! Ein unglaublich beeindruckendes und bewegendes Empfangskomitee hat unsere Reisegruppe inklusive Lucy und Florence absolut sprachlos werden lassen.
Sogar der District Education Manager, Hendrix Likeke, war gekommen, um uns zu begrüßen. Er erzählte uns, wie er sich für die Bildungschancen der Kinder engagiert und wie wichtig der Bau dieser neuen Schule ist, da die nächste Schule rund 10 Kilometer entfernt liege.
Bildungsmanager, Herr Likeke erwähnte außerdem, dass es im Bezirk Phalombe die Einschulungsrate in den Schulen sehr hoch ist. Die meisten Lernenden gehen lange Wege zu den Schulen, was dazu führt, dass die Kinder im Alter von 8 bis 10 Jahren statt des von der Regierung empfohlenen Alters von 6 Jahren eingeschult werden. Die Abwesenheit der Kinder, die in der Gemeinde Khancha leben, ist sehr hoch, da diese Kinder einen langen Weg zur Schule gehen müssten und müde werden. Während der Regenzeit überqueren die meisten Kinder die schwellenden Flüsse nicht und fehlen für längere Zeiten in der Schule. Dies führt zu schlechten Leistungen im Unterricht.
Besonders die Mädchen aus der Gemeinde seien gefährdet, weil einige Männer sie mit skrupellosem Verhalten auf dem Schulweg sexuell missbrauchen, was wiederum zu frühen Ehen und Schwangerschaften führt. Daher ist die Bildungsrate unter den Mädchen sehr niedrig. Die neue Schule wird den Lernenden den Zugang zur Grundbildung in Reichweite erleichtern, was die Abwesenheit der Lernenden im Unterricht reduzieren wird. Sie wird auch die Zahl der frühen Schwangerschaften und der frühen Ehen unter den Mädchen verringern.
Der Bau der Grundschule wird den Kindern des Dorfes den Zugang zur Bildung in ihrer Reichweite erleichtern. Dadurch wird die Analphabetenrate in der Region verringert. Auf lange Sicht werden die gebildeten Menschen aus diesem Dorf unabhängige Bürger der Gesellschaft sein und nützliche Bürger werden, die bei der Entwicklung des Landes helfen werden.
Gemeinsam haben wir uns dann alle das Grundstück angesehen. Dabei wurde ein Willkommenslied gesungen, welches uns Lucy und Florence folgendermaßen übersetzt haben: „Wir heißen unsere Gäste willkommen und sind froh, dass sie hier sind“. Wir sind zu den Gesängen über den Boden getanzt und haben festgestellt, dass auf jeden Fall noch genug Platz für eine Secondary School wäre…
Danach ging es dann zu einer bereits erbauten Grundschule, der Mubea-abc-Primary-School, die ganze zehn Kilometer entfernt liegt. Dort sollten ursprünglich auch 200 Kinder zur Schule gehen, in der Realität sind es nun rund 800, da der Direktor natürlich niemanden abweist. In der Schule hat uns ein Lehrer mit seinen Schülern mit einem Lied auf Chichewa begrüßt, deren Text übersetzt so etwas bedeutete wie „Wir sind froh, dass wir Besuch bekommen“. Wir wurden außerdem durch das Gebäude geführt und konnten so einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie die neue Schule auch aussehen wird.
Nach unserem Besuch in der Schule ging es weiter zum Einkaufen. Wir haben von dem Überschuss der eingenommenen Spenden Essen und Schulmaterialien gekauft. Lucy und Florence hatten uns eine Liste zusammengestellt, denn sie sind es, die im Austausch mit den einzelnen Distrikten stehen und sich über die individuellen Notstände erkundigen und so genau wissen, was benötigt wird. So kam es auch, dass die beiden außerdem auch noch vier Rollstühle für Kinder mit Handicap ausgesucht haben.
Diese Kinder mussten sich auf ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten verlassen, um sie zur Schule und zurück zu tragen. Es komme oft zu Fehlzeiten im Unterricht an den Tagen, an denen die Eltern/Erziehungsberechtigten krank waren oder nicht konnten. Diese Kinder mussten krabbeln, wenn sie zur Schule gingen, und das war sehr ermüdend und zeitaufwendig. Auch gesundheitliche Gefahren bleiben nicht aus, da sie mit ihren Händen an schmutzigen Stellen vorbei krabbeln mussten, wodurch sie wiederum auch verschiedenen Infektionen ausgesetzt waren. Nun können die anderen Kinder sie mit zur Schule nehmen und das alles dank euch!
Wir haben die Zeit mit den beiden Powerfrauen Lucy & Florence natürlich auch dafür genutzt, ein kleines Interview zu führen, welches ihr auf meinem Instagram unter dem Highlight „Malawi“ finden könnt, genauso wie alle anderen Eindrücke der Reise. Die wichtigsten Statements der zwei möchte ich aber auch in diesem Blogbeitrag erwähnen:
Florence hat uns erzählt, dass sie früher selbst Lehrerin war. Die Arbeit mit Kindern ist ihre große Leidenschaft. Sie selbst kommt aus einer Familie mit elf Kindern. Leider hat sie einige ihrer Brüder und Schwestern bereits verloren und sich daraufhin um ihre Neffen und Nichten gekümmert. So hat sie in ihrer eigenen Familie gesehen, dass man sich gerade um die Waisenkinder kümmern muss: „Ein Kind muss auf seinem Weg, ein verantwortungsvoller Bürger zu werden, begleitet werden“, sagt sie. Als sie die Möglichkeit sah, sich bei einer Organisation einzusetzen, dachte Florence, das sei eine gute Sache, die viele Kinder im Land erreichen würde. Sie ist sehr stolz auf das, was sie mit der Organisation in Malawi bisher schon erreicht haben: „Durch die Hilfe unserer Spender aus Deutschland haben wir es geschafft, zehn Schulen zu bauen. Das ist eine sehr große Leistung“, sagt sie. „Die Kinder, die diese Schulen besuchen, werden nicht einfach gewöhnliche Kinder in Malawi sein. Es werden verantwortungsvolle Kinder sein. Wenn sie auf eine solche Schule gehen, erreichen sie ein neues Level in ihrem Leben.“ Das Ziel sei es, dass jedes Kind ab dem Alter von sechs Jahren das Recht auf Bildung bekomme: „Denn ohne Bildung kann niemand irgendetwas erreichen oder sein Leben auf ein neues Level bringen“.
Wir haben Florence außerdem gefragt, wie jeder, der dieses Video sieht, selbst helfen kann. Ihre Antwort: „Jeder kann viel tun. Die Menschen, die Regierung, sie müssen sich zusammensetzen und überlegen, wie sie Malawi auf verschieden Weisen fördern können.“ Sie sagt aber auch, dass die Organisationen, die in die Communities vor Ort gehen, am besten wissen, wo Handlungsbedarf ist. Sie gehen dann auf Leute wie uns zu, die helfen können und unterstützen wiederum die Regierung dabei, die Hilfe, die sie bekommen, richtig zu implementieren. Florence hält sogenannten Cash-Handouts übrigens für überhaupt nicht sinnvoll: „In meinen Augen, ist es falsch, den Leuten einfach Geld zu geben. Ich meine, was mache ich damit? Ich nutze das Geld und gebe es heute aus – und morgen habe ich dann nichts mehr davon. Wenn man aber eine Schule baut, dann hilft das der ganzen Stadt und auch in der Zukunft noch, denn das Gebäude wird noch 20, 30 oder vielleicht sogar 50 Jahre dort stehen und vielen Menschen helfen.“
Wir haben Florence noch gefragt, wenn sie die Möglichkeit hätte zu 300.000 Leuten zu sprechen und diese zu erreichen, was würde sie ihnen sagen: „Ich würde sie versuchen das hier fühlen lassen. Lasst uns passion füreinander empfinden.“ Damit meint sie, denke ich, nicht nur Leidenschaft, sondern vor allem Hingabe und Mitgefühl. Denn wenn jeder sich für eines der Kinder verantwortlich fühlen würde, könnte man ihre Ziele mithilfe von Bildung erreichen. Zum Schluss war ihr eines noch sehr wichtig: „Ich möchte mich bei der Community in Deutschland bedanken. Wir wissen, dass ihr viel für uns Malawier gemacht habt. Die zehn Schulen, über die ich bereits gesprochen habe, wurden von Spenden aus Deutschland gebaut. Zu sehen, dass ihr uns weiter unterstützt, lässt uns nur danke, danke, danke sagen. Vielen Dank!“ Ein Dank, den ich unbedingt an euch weitergeben möchte, denn der gebührt sicherlich nicht mir allein!
Auch mit Lucy haben wir noch länger gesprochen. Ihre Leidenschaft steckt in der Liebe zu den Kindern. Sie möchte eine bessere Zukunft für sie. Und für sie ist dieser Job mehr als nur ein Job: „Für mich ist dieser Job eine Mission.“ Sie sieht es als ihre Aufgabe, die sie von Gott bekommen hat, diese Kinder zu retten. „Wenn wir mehr Ressourcen haben, können wir noch mehr Teile des Landes erreichen. Wir tun, was wir können, aber es muss noch viel mehr getan werden.“ Viele Leute kommen zu ihr und Florence und fragen sie, ob sie in ihre Distrikte kommen und etwas für die Bildung ihrer Kinder tun können. Aber ihre Ressourcen sind begrenzt. „Es muss viel für die Kinder in Afrika, insbesondere in Malawi, getan werden. Denn hier fehlt es sehr vielen Kindern an Bildung, weil die meisten Dörfer sehr weit weg von den sehr wenigen Schulen sind.“ Deshalb müssen sehr weite Wege zurückgelegt werden. Da es auch viel zu wenige Secondary Schools gibt, bleiben die allermeisten Kinder dann spätestens ab dem Alter von acht Jahren zuhause. Malawi braucht mehr Schulen, um mehr Kinder erreichen zu können. Denn Kinder, die Bildung genießen dürfen, werden später einmal „responsible citizen of Malawi“, wie sie sagt, also Bürger, die zu der Entwicklung des Landes beitragen können.
TAG 3 IN MALAWI
Am nächsten Tag durften wir Lucy und Florence nach Pemba ins Tsogolo La Ana-abc-Schulcenter begleiten, welches in der Nähe von Blantyre liegt. Dort haben die beiden mit ihrer Organisation und der Bücherbörse Köln bereits einen Kindergarten, eine Grundschule und eine Secondary School gebaut. Auch an unserem ersten Stop, dem Kindergarten, wurden wir wieder unglaublich herzlich und freundlich mit Tänzen und Liedern von den anwesenden Eltern begrüßt. Dieses Mal wurden sogar noch Instrumente ausgepackt. Die Lebensmittel, die wir am Vortag gekauft hatten, waren für diesen Kindergarten gedacht und wurden direkt abgeliefert. Uns wurde gesagt, dass die Menge für die nächsten sechs Monate ausreichen wird!
Danach ging es zu der Grundschule, wo ein Fest stattfinden sollte. Dort hat jede Klasse etwas vorgeführt und so ist ein tolles, vielfältiges Programm auf die Beine gestellt worden. Eine der Gruppen hat mich zum Tanzen aufgefordert und direkt in ihre Mitte aufgenommen, denn zum Tanzen lasse ich mich schließlich nicht zweimal auffordern 😉
Müde, aber glücklich, ging es danach für uns wieder zurück nach Deutschland –
Mit im Gepäck eine große Portion Dankbarkeit, Nächstenliebe und Freude. Freude über das was war und Freude auf das, was noch kommen wird.
Ich bin immer noch einfach überwältigt von all den schönen, neuen Eindrücken, die wir in Malawi gewinnen durften. Es war uns eine Ehre, die Gäste von Lucy und Florence sein zu dürfen und einen Einblick in ihre tägliche Arbeit zu bekommen. Diesen zwei Frauen haben meinen größten Respekt für ihre wertvolle Arbeit. Ich würde mich daher so sehr freuen, wenn wir alle gemeinsam weitere Projekte unterstützen würden! Dies sollte nicht das Ende der Geschichte sein, sondern erst der Anfang…
Liebe Carmen,
Auch wenn Ich Eure Reise und die Finanzierung des Schulprojektes in Malawi bereits auf Instagram verfolgt habe, hat Mich dieser Blogbeitrag doch noch einmal ganz anders berührt. Ich finde es unfassbar bewundernswert, dass Ihr neben dem Schulbau auch versucht habt auf möglichst viele andere Probleme einzugehen, mit denen die Kinder vor Ort im Alltag konfrontiert sind. Neben dem offensichtlichem Engagement in Malawi selbst, bewirkst Du/bewirkt Ihr aber auch etwas in Deutschland beziehungsweise innerhalb Eurer Community. Solche Aufrufe heben den Notstand, dem viele Menschen weltweit ausgesetzt sind, hervor. Wie Du hier in diesem Blogpost (und auch auf Instagram) von Bildungshindernissen unterschiedlichster Weise berichtest, stimmt Mich sehr nachdenklich – es gibt tausende Kinder, die nicht die Möglichkeit dazu haben, eine Schule zu besuchen. Dass Ihr in Malawi helft, um Ihnen diese Möglichkeit zu bieten, zeigt, wie wichtig es ist einen Anfang zu setzen. Es gibt so viele Länder, Städte und Gemeinden, denen geholfen werden muss, und Ihr unterstreicht diese Notwendigkeit auf eine wunderbar informative und liebevolle Art!